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Landstrom
– Schiffe und Häfen nachhaltiger gestalten
Landstrom
– Schiffe und Häfen nachhaltiger gestalten
Kreuzfahrtschiffe benötigen so viel elektrische Energie wie
eine Kleinstadt. Diese erzeugen sie auf See in der Regel mit eigenen
Dieselaggregaten – und bisher in den allermeisten Fällen auch im Hafen. Eine
umweltfreundliche Alternative dazu bietet die Versorgung aus Landstromanlagen.
Allerdings sind dafür komplexe technische Voraussetzungen zu erfüllen, etwa in
Bezug auf die unterschiedlichen Frequenzen - 60 bzw. 50 Hertz (Hz) - in den zu
koppelnden Bord- und Landnetzen, große Strommengen und die Ausfall- und
Personensicherheit. Insgesamt trägt die Schifffahrt erheblich zum globalen CO2-Ausstoß bei. Dementsprechend fordern zum Beispiel europäische Regelungen bis 2050 eine Reduzierung dieser Emissionen um mindesten 40, möglichst aber um 50 Prozent im Vergleich zu 2005. In einigen Häfen, wie zum Beispiel in Hamburg, herrscht zudem eine relativ hohe Partikelbelastung. Allein die Schiffe im Hafen von Rotterdam produzieren jährlich gemeinsam ungefähr 23 Megatonnen CO2. Ein erheblicher Anteil dieser Emissionen entsteht im Stillstand.
Landstromversorgung als umweltfreundliche Alternative
Eine umweltfreundliche Alternative zur Nutzung von
Schiffsdiesel während der Liegezeiten ist die Versorgung der Schiffe mit
Landstrom aus dem Mittelspannungsnetz des örtlichen Energieversorgers. Über den
Umweltaspekt hinaus werden dabei im Vergleich zur herkömmlichen Stromerzeugung
an Bord zudem Stromkosten eingespart. Schon 2007 hat Siemens erstmals eine entsprechende Lösung auf
Basis seines Gleichstromübertragungssystems vorgestellt und seitdem gemäß den
internationalen Standards nach IEC/ISO/IEEE 80005 und IEC 62613-2
weiterentwickelt: Das Landanschlusssystem SIHABOR zeichnet sich vor allem
durch seine besondere Flexibilität aus. Es ist für unterschiedliche
Schiffsarten wie Passagierschiffe, Containerschiffe, Fähren sowie für
Schiffswerften oder Spezialschiffen geeignet. Außerdem erlaubt es durch ein
Baukastenprinzip jede beliebige Kombination von 50-Hz- und
60-Hz-Stromversorgungssystemen sowie von verschiedenen Spannungsebenen. Das
Herzstück der Lösung ist eine Industriesteuerung, die sich bereits seit 20
Jahren in Stromnetzen bewährt. Seit 2012 stellt die Norm IEC/ISO/IEEE 80005 mit einem
internationalen Landanschlussstandard zudem sicher, dass Schiffe überall auf
der Welt aus Anlagen verschiedener Hersteller versorgt werden können.
Mit Stand Oktober 2023 gibt es hierzulande zehn Landstromanlagen, acht davon sind SIHABOR-Lösungen von Siemens. Diese Referenzanlagen in Lübeck (2008), Hamburg-Altona (2016), Cuxhaven (2018), Wismar (2019) und Kiel (Norwegenkai 2019, Ostseekai 2021, Ostuferhafen 2023) sind in diesem Feature anhand von Pressematerialien dokumentiert. Darüber
hinaus sind aktuell beauftragte oder in Bau befindliche Landstromanlagen
aufgeführt.
Pressemitteilungen
Hamburg
Containerterminals Burchardkai und Tollerort (2024)
Die
Hamburg Port Authority (HPA) hat die Siemens AG im Herbst 2021 mit dem Bau der
ersten Landstromanlagen für Containerschiffe im Hamburger Hafen beauftragt. Im Laufe des Jahres 2024 werden in einer ersten
Testphase Containerschiffe während ihrer Liegezeit an den Terminals Burchardkai
(CTB) und Tollerort (CTT) mit Ökostrom versorgt. Die elektrische Leistung der beiden Anlagen beträgt jeweils etwa 7,5
MW.
Der Seehafen Kiel hat Ende des Jahres 2023 zwei weitere von der Siemens AG errichtete Landstromanlagen in Betrieb genommen, sowohl eine 50/60-Hz-Landstromanlage für Kreuz- und Fährschiffe sowie eine 50-Hz-Landstromanlage für Fracht- und Fährschiffe im Ostuferhafen der Stadt. Mit den bereits vorhandenen, ebenfalls von Siemens gelieferten Anlagen können künftig im gesamten Kieler Hafen an allen großen Passagier-, Fracht- und Fährterminals bis zu sechs Schiffe gleichzeitig mit Ökostrom versorgt werden.
Der Kieler Ostseekai ist das traditionsreichste Kreuzfahrtterminal der Stadt. Im Sommer 2021 nahm der Seehafen Kiel dort die bislang größte in Deutschland errichtete Landstromanlage in Betrieb. Das Besondere: Sie kann sowohl ein Kreuzfahrtschiff (max. 11 MW) als auch ein Fährschiff (max. 5 MW) gleichzeitig mit externer elektrischer Energie versorgen.
Auf den Mitte 2022 von Thyssen Krupp Marine Systems übernommenen MV WERFTEN in Wismar wird derzeit eines der größten Kreuzfahrtschiffe der Welt fertig gestellt. Danach sollen in der Werft Militärschiffe entstehen. Um die Neubauten künftig bis zu ihrer Fertigstellung extern mit elektrischer Energie versorgen zu können, installierte Siemens im Jahr 2019 an der Werftpier eine schlüsselfertige SIHABOR Landstromversorgung. Diese kann, wie auch die im selben Jahr errichtete Anlage am Kieler Ostseekai, zwei Schiffe mit max. 12 MW elektrischem Leistungsbedarf parallel versorgen.
Für die zwei
zwischen Oslo und Kiel im täglichen Pendelbetrieb verkehrenden baugleichen Kreuzfahrtfähren
der norwegischen Reederei ColorLine richtete der Seehafen Kiel 2019 eine
maßgeschneiderte Landstromanlage mit 5 MW elektrischer Leistung ein. Außer der
individuell zugeschnittenen Kabelzuführung, projektierte, lieferte und
montierte auch in diesem Fall die Siemens AG die elektrischen Hauptkomponenten
aus ihrer bewährten SIHARBOR Produktgruppe.
Für den
niedersächsischen Hafenbetreiber NPorts und den regionalen Energieversorger EWE
errichtete Siemens im Jahr 2018 in Cuxhaven eine kleinere Landstromanlage für
Frachtschiffe. Sie befindet sich in unmittelbarer Nähe des etwa zur selben Zeit
in nächster Nähe angesiedelten Werkes von Siemens Gamesa Renewable Energy. Versorgt
werden zwei speziell umgerüstete Transportschiffe (RoRo), die die im Werk
produzierten Maschinenhäuser (Nacelles) für Offshore-Windenergieanlagen zu den
jeweiligen Endmontageplätzen transportieren. Die Anlage hat eine speziell auf den
Bedarf der Schiffe ausgerichtete Leistung von etwa 600 KW.
Das erste
nach ISO-Norm 80005 errichtete Landstromsystem für Kreuzfahrtschiffe in Europa übergab
Siemens als Generalunternehmer im Jahr 2016 an die Hamburg Port Authority. Die
Anlage am Cruise Center Hamburg-Altona gilt mit rund 12 MW elektrischer Leistung
als Referenzanlage aller danach in europäischen Seehäfen errichteten.
Die erste
Landstromanlage für die kommerzielle Schifffahrt in Europa überhaupt errichtete
Siemens im Jahr 2008 am Lübecker Nordlandkai für die Stadtwerke Lübeck. Sie
kann entsprechend ausgerüstete Frachtschiffe mit einem maximalen elektrischen
Leistungsbedarf von 2,5 MW versorgen.
Seit Herbst 2023 gibt es auch im Kieler Ostuferhafen an allen Liegeplätzen Landstrom für Schiffe. Damit ist Kiel einer der am besten ausgebauten Seehäfen in Sachen Klimaschutz und Vorreiter auf dem europäischen Kontinent. Alle bislang in Kiel errichteten Landstromanlagen stammen von Siemens.
Die MSC Euribia ist eines der jüngsten und größten Kreuzfahrtschiffe der Reederei Mediterranian Shipping Company und zugleich erster Abnehmer von Landstrom an ihrem Stammliegeplatz im Kieler Ostuferhafen.
Die neue Landstromanlage am Kieler Ostuferhafen besteht aus wesentlich mehr Komponenten, als aus dem prägnanten Kabelzuführungssystem am Kai: Hier die für die Passagiere der Kreuzfahrtschiffe „unsichtbare“ Siemens-Mittelspannungsschaltanlage.
Der Seehafen Kiel liefert künftig an allen seinen wichtigen Kaianlagen regenerativ erzeugten Strom an Bord von Kreuzfahrtschiffen und kombinierten Passagier- und Frachtfähren während der Liege- und Umschlagszeiten, hier im Ostuferhafen für den Kreuzfahrtgiganten MSC Euribia.
Nahmen die neue Landstromanlage von Siemens im Kieler Ostuferhafen am 23. September 2023 feierlich in Betrieb (v.l.): Christian Hein, Managing Director MSC Cruises Germany, Markus Mildner, CEO eMobility bei Siemens Smart Infrastructure, Dr. Dirk Claus, Geschäftsführer der SEEHAFEN KIEL GmbH & Co. KG, Daniel Günther, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein sowie Ulf Kämpfer, Oberbürgermeister der Stadt Kiel.
Kiel Ostseekai (2021):
Kiel Ostseekai: Die bis dato größte Landstromanlage in einem deutschen Ostseehafen kann zwei Passagierschiffe gleichzeitig versorgen.
Kiel Ostseekai: Die elektrischen Hauptkomponenten der Landstromanlage von Siemens sind in einem separaten Gebäude untergebracht (im Bildvordergrund).
Kiel
Ostseekai: Die Kabelzuführung der Landstromanlage lässt sich je nach
Schiffsgröße und Liegeplatz flexibel positionieren.
Infografik
zum Funktionsprinzip der Siemens SIHABOR Landstromanlage für die
Parallelversorgung von zwei Passagierschiffen am Kieler Ostseekai und am Schwedenkai.
Wismar MV Werften (2019):
Die elektrischen Hauptkomponenten sind, wie
üblich, auch bei den MV Werften in Wismar in einem separaten Zweckbau
untergebracht.
MV
Werften Wismar: Die 2019 von Siemens errichtete Landstromanlage soll die im Bau
befindlichen Kreuzfahrtschiffe bis zu ihrer Fertigstellung mit elektrischer
Energie versorgen.
MV Werften Wismar: Eine von
insgesamt zwei Versorgungsstationen der Landstromanlage, die in der Nähe der zu
versorgenden Schiffsneubauten auf den Kaianlagen platziert sind.
Kiel Norwegenkai (2019):
Die
Kreuzfahrtfähren der Reederei ColorLine werden am Kieler Norwegenkai (l.) seit
2019, die Fähren der Reederei Stena-Line am Schwedenkai (r.) seit 2021 mit Landstrom
versorgt.
Der Norwegenkai
des Port Of Kiel (v.) ist seit 2019, der gegenüber liegende Schwedenkai (l.)
seit 2021 mit einer SIHABOR Landstromlösung von Siemens ausgerüstet.
Das Kabelzuführungssystem der Landstromanlage am
Kieler Norwegenkai ist, wie das baugleiche Gegenstück in Oslo, individuell auf
die Kreuzfahrtfähren der ColorLine zugeschnitten.
Cuxhaven NPorts Liegeplatz 9.3 (2018):
Die
2018 für NPorts und EWE in Betrieb genommene Landstromlösung von Siemens in
Cuxhaven.
Die 2018 von
Siemens für NPorts und EWE errichtete Landstromanlage in Cuxhaven befindet sich
in unmittelbarer Nähe des im selben Jahr in Betrieb gegangenen Werkes von
Siemens Gamesa Renewable Energy. Sie versorgt dessen RoRo-Transportschiffe
während der Liegezeit.
Die von
Siemens für NPorts und EWE in Cuxhaven errichtete Landstromanlage versorgt ein
RoRo-Schiff, das die im nahen Windturbinenwerk von Siemens Gamesa gebauten
Maschinenhäuser lädt.
Hamburg Cruise Center Altona (2016):
Kreuzfahrtschiffe
können seit 2016 am Cruise Center Hamburg-Altona mit Landstrom versorgt werden.
Der Anbau für die elektrischen Komponenten der Landstromanlage am Cruise Center Hamburg-Altona (Bildmitte) fügt sich architektonisch in das Gesamtbild der Terminalanlage ein.
Schaltanlagen von Siemens sorgen in der Landstromanlage am Hamburger Cruise Center Altona für die reibungslose Kopplung von Bord- und Landnetz.
Lübeck Nordlandkai (2008):
Die erste Landstromanlage für die kommerzielle
Schifffahrt errichtete Siemens 2008 für
die Stadtwerke Lübeck am Lübecker Nordlandkai.