Die Umlaufstrecke, die der VBG-Elektrobus auf der «Innovationslinie
759» zurücklegt, ist rund 27 km lang und damit die derzeit längste E-Buslinie in
der Schweiz. Der E-Bus hält an insgesamt 28 Haltestellen und fährt vom Flughafen
Zürich via Kloten-Balsberg, Wallisellen, Innovationspark Dübendorf nach Wangen und
wieder zurück. Ziel des VBG-Projekts ist der Nachweis eines zuverlässigen,
nachhaltigen und wirtschaftlichen E-Bus-Betriebs. Künftig soll die «Innovationslinie
759» die erste, ausschliesslich mit Elektrofahrzeugen betriebene Buslinie der
VBG werden. Bisher waren auf dieser Strecke lediglich Dieselfahrzeuge im
Einsatz. Diese legen jährlich 635 000 km zurück und verbrauchen dabei rund 235
000 Liter Diesel.
Bei der Evaluation für das Pilotprojekt wurden verschiedene Anbieter
verglichen. Am Ende überzeugte die Siemens-Lösung mit seiner starken
Ladeleistung. «Die Inbetriebsetzung dieses Ladesystems war für
unser Unternehmen ein bedeutender Meilenstein, denn das Projekt markierte den
Schweizer Markteintritt von Siemens im Bereich der eBus-Ladeinfrastruktur», erklärt Gerd Scheller, Country CEO von Siemens
Schweiz. «Mittlerweile haben wir mit Bernmobil,
den Verkehrsbetrieben Zürich und Transport Public Fribourg weitere namhafte
Kunden von unseren Ladelösungen überzeugen können», so Scheller weiter.
Keine Rückkehr ins Depot
Der Betrieb bei der VBG erfolgt nach dem Prinzip der
Streckenladung. Dazu wird die Batterie des Elektrobusses tagsüber während des
regulären Betriebseinsatzes nicht im Depot, sondern entlang der Strecke aufgeladen.
So ersetzt ein Elektrobus einen Dieselbus und es ist keine zusätzliche
Busbeschaffung nötig. Bedient wird die Linie von einem vollelektrischen eCitaro
– das erste Bus-Modell von Mercedes-Benz mit Aufladung über Ladeschienen. Um
den Bus, der täglich rund 450 Kilometer zurücklegt, aufzuladen, nutzt die VBG
den Lademast und das dazugehörige Ladezentrum inklusive Gleichrichter und
Steuerung von Siemens. Das Ladezentrum befindet sich unweit des Masts in einem Technikraum
im nahegelegenen Parkhaus. «Die Ladestation
nimmt per WLAN-Antenne im Mast mit dem Bus Kontakt auf, sobald der Chauffeur das
Fahrzeug unter dem Lademast platziert und den Ladevorgang initiiert hat. Für die
Aufladung senkt sich der Pantograf vollautomatisch auf die Kontaktpunkte auf
dem Bus hinab und lädt dessen Batterien während der Standzeit an der
Haltestelle auf. So muss nicht jedes Fahrzeug mit einem Pantografen ausgerüstet
werden», erläutert Bernhard Guhl, Teamleiter eMobility von Siemens Schweiz.
Der 6,5 Meter
hohe Lademast mit seinem 4,2 Meter langen Ausleger ist rund 2,2 Tonnen schwer
und steht unter dem überdachten Teil des Busterminals. Die maximale
Ladeleistung wird vom Fahrzeug vorgegeben und beträgt 300 kW, dies entspricht
einer Ladekapazität von 5 kWh/Minute. Das Sicharge UC 400-System ist für eine
Dauerleistung von 300 kW ausgelegt. Zum Lieferumfang beim VBG-Projekt gehört
auch ein mobiler Depotlader mit einer Leistung von 40 kW. Mit diesem kann das
Fahrzeug während den Standzeiten bei Bedarf zusätzlich geladen werden.
VBG plant die Beschaffung weiterer Elektrobusse
Der Ladestrom beim VBG-Projekt besteht zu 100% aus
erneuerbaren Energiequellen wie Fotovoltaik-, Wind- und Wasserstrom. In der
Pilotphase liegt der Fokus auf den betrieblichen Aspekten (Zuverlässigkeit der
technischen Komponenten und des Ladevorgangs, Fahrplanstabilität,
Klimatisierung im Innenraum, optimale Grösse der Batterien). In der
Projektphase 2 liegt der Fokus auf der Energieautarkie. Im nahen Umfeld der
Linie 759 soll der erforderliche Strom mit grossen Fotovoltaikanlagen erzeugt werden.
Aktuell rechnet man mit einem Strombedarf von rund 1 Mio. kWh/Jahr. Hierzu ist
eine Fotovoltaikanlage mit einer Fläche von rund 8'000 m2 erforderlich. Bei
erfolgreichem Abschluss des Pilotprojekts erfolgt – im Rahmen der ordentlichen
Fahrzeugersatzbeschaffungen – die sukzessive Umrüstung der Linie 759 auf
Elektrobusbetrieb. Die VBG wird jeden Bus, der seine Lebenszeit erreicht hat,
künftig durch einen Elektrobus ersetzen. Die nächsten Neuanschaffungen kommen auf
der Innovationslinie zum Einsatz, die sieben Fahrzeuge umfasst. In rund 13 Jahren
dürfte dann die gesamte Busflotte, die aktuell rund 120 Fahrzeuge umfasst,
komplett elektrifiziert sein.
Alles auf einen Blick
Die VBG nutzt die einjährige Testphase für eine intensive Datenanalyse,
welche die wichtigsten Fragen beantworten soll: Wird es reichen, den Bus
tagsüber mit der Schnelladestation zu laden oder muss im Depot noch nachgeladen
werden? Stimmen die effektiven Stromkosten mit den Berechnungen im Vorfeld
überein? Alle Ladedaten werden über das Open Charge Point Protokoll (OCPP) in
eine cloudbasierte Lösung übertragen. Informationen zum Systemzustand,
historische Berichte, Statistiken und Fehlerdiagnosen stehen auf
übersichtlichen Dashboards zur Verfügung und erlauben detaillierte Auswertungen,
um den Betrieb zu optimieren.
Flexibel einsetzbare
Systeme
Mit den Sicharge-UC-Produkten
verfügt Siemens über ein komplettes Portfolio von High-Power-Ladestationen
(Off-Board oder On-Board Pantographen) und umfassende Ladelösungen für grosse Busdepots. Das Sicharge-UC-Ladesystem deckt das gesamte
Leistungsspektrum von 100 bis 600 Kilowatt ab. Um die steigenden Anforderungen
der Fahrzeugindustrie hinsichtlich höherer Spannungen zu erfüllen, können Stationen
mit bis zu 1000 Volt integriert werden. Damit lassen sich elektrische Fahrzeuge
mit höchster Effizienz und mit unterschiedlichen Anschlusssystemen und
Batterien flexibel auf der Strecke oder im Depot laden. Das Sicharge-UC-Portfolio
ist mit dem Ladestandard Combined Charging System (CCS) kompatibel und ermöglicht
dadurch herstellerunabhängiges Laden.
Das modulare Konzept der
Sicharge-UC-Familie erlaubt zudem die Erweiterung des Ladegeräts mit mehreren Dispensern,
d.h. verteilten Ladeanschlüssen. Daran können sequenziell unterschiedliche
Busse geladen werden. Durch diese Modularität ist das System flexibel
ausbaufähig. Die angebotenen Pantographensysteme und schlanken Dispenser nehmen
Rücksicht auf den oftmals beschränkten Platz an dem Ort, an dem das Fahrzeug
geladen werden soll, z.B. im Depot.
Interessanter Wachstumsmarkt
Elektrische Busse spielen
eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Schadstoff- und Lärmbelastung in
Städten zu reduzieren und damit die Lebensqualität zu erhöhen. Allein durch den
Einsatz eines E-Busses mit einer täglichen Laufleistung von ca. 200 km können –
sogar im Vergleich zu modernsten Dieselbussen – jährlich etwa 60 Tonnen CO2
eingespart werden. Die Zahl elektrischer Fahrzeuge im Bus- und Logistikumfeld
steigt und gewinnt daher auch für Betreiber von Fahrzeugflotten immer mehr an
Bedeutung.